Geweihe haben sich höchstwahrscheinlich aus lebens- oder jahrelang überlebenden Urkolben entwickelt, deren Gewebe unter mehrmonatiger Testosteron-Wirkung so verkalkte, dass es schon vor der Brunft ohne Blutversorgungblieb und zum toten unempfindlichen Geweih umgebildet wurde. Das eigentliche Geweih entwickelt sich aus dem Kolbengeweih als Fortsetzung des Stirnbeinfortsatzes, der ein Rest des fortlebenden Urkolbens ist. Heute wird dieser Urkolbenrest Rosenstock genannt. Rosenstöcke entwickeln sich aus einem eng begrenzten Bezirk der äußeren Stirnbeinleiste, in dem die Knochenhaut(Periost) unter der Wirkung von Testosteron das Rosenstockwachstum anregt.
Der obere Teil des Rosenstockes wird durch Verkalkung zum Geweih. Der Rosenstock ist vom Geweih durch eine kompakte Knochenbrücke abgegrenzt. In jedem Frühsommer etwa im April beginnt das Geweih des Elchbullen aufs Neue zu wachsen und wird dabei in den besten Jahren des Bullen jedes Jahr größer. Die längere Tageslichtdauer regt unter anderem die Produktion des Hormons Testosteron an, das seinerseits das Geweih wachsen lässt.
Das Geweih ist während der Wachstumsphase mit einer kurz behaarten, gut durchbluteten Basthaut überzogen. Zwischen Bast und Knochengewebe verlaufen die großkanäligen Blutgefäße mit dicken, zusammenziehbaren Wänden, die im Falle einer Verletzung der Basthaut den Blutfluss stoppen. Rechts ein Querschnitt durch das Geweih, der den Geweihaufbau zeigt.
Die Blutgefäße verästeln sich an jedem Geweihende in Kapillargefäße, die darin eingesenkt sind und dem sich während des Wachstums bildenden Knochengewebe Nährstoffe zuführen. Im Bast befinden sich auch unzählige Enden empfindlicher Nerven, weshalb der Elch die Berührung mit harten Gegenständen meidet und sich vorsichtig durch Gestrüpp bewegt.
Das Geweih des Elchs wächst bis zu 2,5 cm am Tag. Es ist damit das schnellste bekannte Knochenwachstum. Verständlich, dass dies zu Irritationen und Juckreiz in der das Geweih überziehenden Basthaut führt. In der Wachstumszeit massiert der Bulle deshalb das Geweih. Er hebt dazu den rechten Hinterlauf und reibt das Geweih unter dem Bein in der Leistengegend hin und her. Gleiches passiert mit der anderen Geweihseite. Dadurch wird die Irritation in der Basthaut gemildert und gleichzeitig das weitere Wachstum stimuliert. Dass dieses Reiben entscheidend für das Geweihwachstum ist, hat ein Betreiber einer Elchfarm in Västerbotten/Schweden festgestellt, als sich einer seiner Bullen den rechten Hinterlauf gebrochen hatte und sich nicht auf diesen stützen konnte, wenn er den linken Hinterlauf anheben wollte. Die Massage der linken Geweihhälfte blieb aus, was zu einer Fehlentwicklung führte, während sich die rechte Seite normal zu einer Schaufel entwickelte.
Man fragt sich, warum der Elch sein Geweih verliert, wenn man die Energie berücksichtigt, die benötigt wird, um es wachsen zu lassen. Ein Grund mag sein, dass es ohne Geweih im Winter leichter ist, an Futter zu kommen, ein anderer, dass das Geweih jedes Jahr größer wird und dem Bullen dadurch ermöglicht, nicht nur die Länge, sondern auch die Breite und die Masse zu erhöhen, was ihm bessere Fortpflanzungsmöglichkeiten eröffnet. Außerdem kommt es vor, dass das Geweih in den Brunftkämpfen beschädigt wird, was für den Bullen bei der nächsten Brunft einen Nachteil darstellen würde. Nach der Brunft vermindert sich die Hormonzufuhr. An der Knochenbrücke des Rosenstockes lockert sich die Geweihstruktur und wird porös. Das Geweih verliert den Halt und wird abgeworfen, weil der Fortsatz sich auf die Bildung des neuen Geweihs vorbereitet.
Wenn der Bulle zunächst eine Schaufel verloren hat, versucht er möglichst bald, die andere an einem Baum abzuschlagen, um das Gleichgewicht wieder herzustellen.
Ältere Bullen werfen bereits ab November den imposanten Kopfschmuck ab. Junge Elche tragen ihr Geweih in der Regel länger, manche sogar bis in die letzten Wintertage im März. Bei manchen Bullenkälbern bilden sich schon im ersten Jahr Geweihansätze.
Elchschaufeln sind schwer zu finden, weil diese wegen ihres hohen Mineralstoffgehaltes schnell von Kleinnagern gefressen werden. Vor allem Eichhörnchen schätzen den hohen Kalziumgehalt des Horns. Hier ein bereits angenagtes Fundstück.
Die Rosenstöcke sind Knochenauswüchse, die zwischen den Augen und den Ohren sitzen. Nach dem Abwerfen dauert es 3 bis 4 Wochen bis die Basthaut über die Knochenwunden gewachsen ist.